Im Frühling sportlich durchstarten

„Er rieb die verkrampfte Hand gegen seine Hose und versuchte, die Finger zu lockern. Aber sie wollte sich nicht öffnen. – Vielleicht wird sie sich durch die Sonne öffnen, dachte er. Vielleicht wird sie sich öffnen, wenn der kräftige rohe Thunfisch verdaut ist. Wenn ich sie haben muß, werde ich sie öffnen, koste es, was es wolle. Aber jetzt will ich sie nicht mit Gewalt öffnen. Sie soll sich von selbst öffnen, und von selbst wieder in Ordnung kommen. Immerhin hab ich sie die Nacht durch stark mißbraucht, als ich die verschiedenen Leinen losmachen und anschlingen mußte.“

(Hemingway, Der alte Mann und das Meer, S.31)

Der alte Fischer Santiago fährt nach 84 Tagen erfolgloser Fischerei wieder aus. Diesmal besonders weit und tatsächlich beißt ein gewaltiger Marlin an, mit dem nun ein mehrtägiger Kampf um Leben und Tod beginnt. Er schindet seinen Körper, der ebenso wie der Fisch unter den Zeichen der Erschöpfung leidet. Die linke Hand des alten Mannes krampft und versagt ihren Dienst.

Und heute? Ein junger Mann im täglichen Kampf mit dem Alltag und seinem Schweinehund – nach mehreren Jahren hat er sich vorgenommen, wieder am Stadtlauf oder sogar am Marathon teilzunehmen. Endlich wieder! Es ist Frühling, alles erwacht zum neuen Leben und er beginnt zu trainieren. Doch eine Sportverletzung durch übereifriges Training macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Das Knie muss operiert werden.

Der Körper dient dem Menschen. Er führt aus, was der Wille von ihm verlangt. Dieses Verhältnis zeigt sich besonders deutlich dort, wo schwere körperliche Arbeit zum Lebenserhalt nötig ist und im Bereich des Sportes. Doch gerade als Diener ist der Körper nicht Sklave – denn er ist nicht beliebig auszuwechseln, ist nicht austauschbar. Der Körper kennt andere Gesetze als die, denen die geistigen Vermögen des Menschen gehorchen. Während es den Geist gerade charakterisiert, stets über seine Grenzen hinauszuwachsen, über sich selbst hinauszugehen und so ein Selbstverhältnis zu entwickeln, immer neu, so hat der Körper seine natürlichen Grenzen, die der Geist zu achten hat. Weder Unterwerfung, noch Überhebung über den Körper ist dem Geist geboten. Sondern Achtsamkeit.

Als Santiago das Versagen seiner Hand feststellt, denkt er: „Wenn ich sie [die Hand] haben muß, werde ich sie öffnen, koste es, was es wolle. Aber jetzt will ich sie nicht mit Gewalt öffnen. Sie soll sich von selbst öffnen, und von selbst wieder in Ordnung kommen. Immerhin hab ich sie die Nacht durch stark mißbraucht, als ich die verschiedenen Leinen losmachen und anschlingen mußte.“

Achtsamkeit bedeutet auch Kenntnis – setzt Kenntnis des Körpers voraus, denn sonst weiß man nicht, worauf man achten soll und es ergeht einem so, wie dem alten Fischer oder dem jungen Mann. Santiago gesteht ein, dass er seine linke Hand missbraucht hat und der Sportler hat übertrieben. In beiden Fällen zeigt sich eine falsche Haltung zum eigenen Körper. Es spricht dabei überhaupt nichts dagegen, sich ein ehrgeiziges Ziel zu setzen. Doch sollte es keine Schinderei sein, sondern den körperlichen Kräften als Raum dienen sich zu entfalten, sich auf etwas hin zu entfalten. So wie der alte Fischer, wenn auch etwas spät, seiner Hand Raum zum Regenerieren gibt.

Und beim Sport? Zu Beginn sollte die Achtsamkeit nicht auf der Laufleistung liegen, sondern auf dem eigenen Körper und der geistigen Verfassung. Bin ich bei der Sache, wenn ich trainiere oder bin ich in Gedanken die ganze Zeit bei beruflichen Herausforderungen? Wer seinen eigenen Körper bei einem neu gestarteten Training gar nicht wahrnimmt, weil er in Gedanken ständig woanders ist, bekommt gar nicht mit, wie der Atem geht, wie das Fußgelenk sich bewegt, ob die Arme mitschwingen, ob der Lauf flach oder eher hüpfend ist. Sich nach langer Zeit der Abstinenz wieder an den Bewegungsablauf von früher anzuknüpfen ist nicht selbstverständlich. Ohne die Achtsamkeit ist die Gefahr für Sportverletzungen groß.

In diesen Fällen bedarf es dann eines Spezialisten der Sportmedizin, wie Prof. Engelhardt oder Prof. Valderrabano, um die Schäden wieder zu richten. Selbst sportlich sehr aktiv, legt Prof. Engelhardt ein ebenso ausgewogenes Trainingsprogramm nahe wie ein regelmäßiges. Zu diesem Zweck hat er die Initative „Kinder-Bewegungsstadt Osnabrück“ ins Leben gerufen.

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