Schluss mit Ernährungsmythen: Abnehmen, heilen und vorbeugen

Was Sie mit Ernährungstherapie erreichen können
(~4 Minuten Lesezeit)

Gesund zu bleiben – auch im Alter – ein unerfüllter Traum?  Für die Tsimane-Indianer im Amazonas Regenwald ist dieser Traum Wirklichkeit – zumindest für die Todesursache Nummer eins in den  Industrienationen Herzinfarkt und Schlaganfall. Selbst im hohen Alter  bis über 90 Jahre  konnten Forscher bei den 700 Indianern selten verkalkte Herzkranzgefäße feststellen. Und das betraf 85% des Stammes. Nur 13 % hatten ein mittleres Risiko für Herzinfarkte.  Infarkte sind für diesen Stamm eher eine Rarität, während sie bei uns eine wesentliche Rolle spielen, wo sich die Zahlen genau andersherum darstellen.

Der gute Gesundheitszustand der Amazonas-Indianer Tsimane hat große Beachtung in  Medizinfachzeitschriften und Kongressen gefunden, denn hier vermuten die Forscher eine Antwort auf  die Frage nach der optimalen Lebensweise von Menschen. Rund 80 % der Krankheiten und 40% der Krebsfälle sind in  Europa verhaltensbedingt. Und dabei spielt die Ernährung die wichtigste Rolle. Allerdings gibt es auch in Europa Länder, wie die Mittelmeeranrainer, die sich statistisch doch etwas besser stellen. Die Folge ist weniger Herzinfarkte und Krebs in Südeuropa.

Woran liegt das?  Und welche Ernährung hält uns gesund?

Wer die Ernährung dieser langlebigen Volksgruppen studiert, kommt  immer wieder zu den gleichen Ergebnissen: Das Essen dieser Menschen ist pflanzlich basiert. Pflanzen wie Gemüse, Nüsse und Obst  liefern weniger Kohlenhydrate und viel Ballaststoffe sowie sekundäre Pflanzenstoffe. Beides beugt den Zivilisationskrankheiten Diabetes, Bluthochdruck, erhöhten Blutfetten, Krebs, Arthrose vor – und natürlich dem Grundübel Übergewicht und Fettleber.  Nussesser liegen in diesen Disziplinen übrigens auf den Bestplätzen, obwohl sie mehr Kalorien aufgenommen haben. Das zeigt, dass es weniger auf die Kalorien als auf die Nahrungsauswahl ankommt. Vielfach unbekannt ist, dass die sekundären Pflanzenstoffe (Aromen, Farben oder Bitterstoffe) in Pflanzen bei uns geradezu Wunder vollbringen: Krebshemmend, entzündungslindernd, blutdrucksenkend, wie etwa Knoblauch, dessen Substanzen ähnlich aber nicht so stark wie der Blutdrucksenker Ramipril im Körper wirkt.

Vegetarier werden diese Botschaft gern hören. Fleisch kann, muss aber nicht sein. Zuviel rotes Fleisch, ab 80 g am Tag, steht außerdem im Verdacht Krebs zu fördern. Die richtige Menge an sattmachendem Eiweiß (rund 1 g pro Kilogramm Körpergewicht am Tag verteilt auf zwei bis drei Mahlzeiten) macht satt und erhält unsere Muskulatur. Außerdem wirkt es Diabetes,  Bluthochdruck und erhöhten Blutfetten entgegen – natürlich umso mehr, wenn es durch Bewegung aktiviert wird.

Wer dann noch Sport macht, darf auch bei den klassischen Kohlenhydratträgern wie Brot, Nudeln, Reis und Co. zugreifen. Wer hier zu sehr zulangt, dem drohen Übergewicht und eine ganze Latte von Zivilisationskrankheiten.
Faustregel: Gemüse muss, Fleisch kann, die sogenannten Sättigungsbeilagen müssen nicht. Die Kartoffeln dürfen also auf dem Teller liegen bleiben, das Gemüse jedoch nicht.

Im Kern geht es aber  darum, welche Ernährung für uns Menschen artgerecht ist. Für unsere Haustiere kennen wir die Ernährungsweise. Aber für uns Menschen scheint es diese nicht zu geben. Angesichts  widersprechender Meldungen aus den Medien überbordender Diäten ist es außerdem doppelt schwer im Diätdschungel den Durchblick zu behalten.

Wenn klar ist, welche Ernährung die gesündeste ist, kommt in Form der Umsetzung das Schwierigste auf uns zu. Denn Veränderungen fallen uns Gewohnheitstieren besonders schwer.

In meinem Zentrum, das mittlerweile in Europa vielen als Vorbild gilt, gehen wir nach dem 20:80 Prinzip vor. Das heißt unter anderem mit wenigen Veränderungen  (20%) viel zu erreichen (80- 100 %) unter Beibehalten der meisten Gewohnheiten (80%). Wenn das gut geklappt hat, höre ich von  unseren Patienten immer wieder drei Aussagen:

 

  1. „Komisch, ich habe gar nicht viel geändert und doch 5 kg in einem Monat abgenommen!“
  2. „Es schmeckt mir sogar besser als vorher“
  3. „Es geht mir jetzt viel besser und ich fühle mich fitter“

 

Warum höre ich das immer wieder? Wenn ein Großteil unserer Erkrankungen durch die nicht artgerechte Ernährung entsteht, dann ist die logische Konsequenz die Revolution in der Küche. Aber Vorsicht: Nur in kleinen Schritten. Verändern Sie nicht zu viel auf einmal.  Und beachten Sie Ihre Geschmacksvorlieben. An denen kommen Sie auf Dauer nicht vorbei. Allerdings können wir Vorlieben auch über Monate verändern. Brechen Sie nichts über das Knie – das fördert das Scheitern.

Und denken sie daran, dass es nie zu spät ist: Schon nach 5 Jahren Ernährungsoptimierung mit mehr gesunder pflanzenreicher Ernährung kann die Lebenserwartung um 30 % gesteigert werden  – und zwar auch im höheren Alter!  Auch das ist durch eine Studie belegt.

 

Der Autor dieses Artikels ist unser Netzwerk-Mitglied Dr. med. Matthias Riedl, Spezialist für Diabetologie und Ernährungsmedizin

 

Weiterführende Literatur:

 

„Das 20:80 Prinzip“  Graefe und Unzer, 2016: Anleitung zur gesunden Gewichtsreduktion

„Iss gesund“  Graefe und Unzer, erscheint  Januar 2018:  Meine besten Tipps zum  Vorbeugen und Heilen von ernährungsbedingten

 

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